Die klapprigen Betten mit extrem weichen Matratzen haben uns nicht unbedingt gut schlafen lassen. Wir beobachten um 07:00 Uhr wie der Sohn der Hüttenwirtin sich langsam dem Hang unter dem Sessellift hochkämpft. Erst als er ankommt, gibt es ein einfaches Frühstück mit Brot, Käse und süßen Aufstrichen. Wie üblich verlassen wir ziemlich pünktlich um 08:00 Uhr unsere Hütte und kommen nach einer entspannten Stunde bergab um 09:00 Uhr am Karerpass an. Katharina macht Ihre Ankündigung wahr, und muss hier Ihre Dolomitentour aufgrund von Knieproblemen beenden. Sie wird mit dem Bus nach Bozen fahren, und dort einen Tag entspannen.
Hoffentlich wird sie uns morgen am Abend im Bozen vollständig und fit willkommen heißen können. Die Wege von Gerhard und Susanne sowie Heinz und mir trennen sich dann wenige Meter später. Gerhard wird für seine „Minigruppe“ die Reiseleitung übernehmen und bekommt von mir die Wanderkarte.
Die letzten Tage hat er sich schon selbst immer eingelesen und kennt die Nummern der Wege mittlerweile besser als ich 😊. Heinz und ich gehen zunächst noch Forststraßen bergauf und wir passieren bald eine Art Panorama-Kino.
Der Weg wird nun enger und steiler und es wird gewarnt, dass dieser ab nun nur noch für Experten geeignet wäre. Zunächst geht es in einer breiten Rinne noch in Serpentinen bergauf teilweise weglos über den nackten Fels, später hin wird dann immer öfter der direkte Weg gewählt.
Zum Glück befindet sich die Rinne am Vormittag im Eigenschatten des Latemar-Gebirges weswegen der Aufstieg nicht ganz so schweißtreibend ist. Hier sind im Vergleich zum Rosengarten nur wenige Leute unterwegs, gerade mal einer kommt uns beim Aufstieg entgegen. Als wir nach fast 800 Hm Anstieg auf der kleinen Latemar Scharte ankommen, treffen wir dort neben einigen Vögeln ein älteres Paar, wo der Mann mit großer Kamera viele Fotos schießt.
Nach einer kurzen Pause geht es weiter bergauf. Anfangs ist dieser Weg noch einfach und ich denke mir schon, dass wir alle hätten hier drübergehen können, doch später kommt eine Kletterstelle nach der anderen. Bei einer uns entgegenkommenden Gruppe gibt es deutlich zu hören Diskussionen ob der Schwierigkeit des Weges. Für Heinz ist dies sicher ein Highlight dieser Wanderwoche. Er klebt mir auf den Fersen und wartet ungeduldig, bis ich mich langsam aber sicher über die Kletterstellen bewege. Kaum wird der Weg auf den letzten Metern zur Latemar-Spitze technisch wieder einfacher, fällt er wieder ein wenig zurück 😊.
Der Ausblick beim Gipfelkreuz ist grandios. Wir sehen zurück zum Schlern, überblicken den kompletten Rosengarten und sehen auch den bei Touristen beliebten Karersee von oben.
Knapp drei Stunden haben wir vom Karerpass hierher gebraucht und erreichen unsere Mittagsrast somit kurz nach 12:00 Uhr. Wir machen eine ausgiebige Pause und Heinz zieht am vorletzten Tag unserer Wanderung noch ganze Brotlaibe und Käsestücke aus seinem Rucksack. Nach einiger Zeit erreicht ein Pärchen aus Deutschland das Gipfelkreuz von der anderen Seite und machen ein paar Gipfelfotos von uns.
Sie zeigen uns unser heutiges Tagesziel, die Torre Di Pisa – Hütte, die man von hier aus schon sehen kann und warnen uns vor dem Abstieg, der ausgesetzt und rutschig sein soll. Zurecht, wie sich wenig später herausstellt, erwartet uns beim Abstieg zur großen Latemar-Scharte das wahrscheinlich schwierigste Stück der gesamten Tour. Es ist sehr steil und durch viel loses Geröll auch sehr rutschig und es gibt viele Stellen, wo ausrutschen verboten ist.
Dies hält allerdings eine Mutter mit vielleicht 1jährigen Baby in einer Tragehilfe nicht davon ab, dieses anspruchsvolle Stück bergauf zu klettern ! :-o. Nach mühsamen Abstieg erreichen wir die große Latemar-Scharte, wo rund um das Bivak E.Rigatti einiges los ist. Hier endet ein Klettersteig, der unmittelbar unter den Latemarspitzen entlanggeht und trotz fast 3-stündigen Zustiegs (!) sehr begehrt ist. Wir lassen die ca. 15 Kletterer rechts liegen und setzen unseren Weg fort. Dieser verläuft nun spektakulär auf kleinen Absätzen am steilen Rücken der Latermarspitzen.
In großen Bogen verläuft dieser Weg und der Frontalblick auf den Weg ist teilweise furchteinflößend, aber zum Glück täuscht die Perspektive und es ist beim Drübergehen nicht so schlimm. Obwohl der Himmel überwiegend bedeckt ist, gehen wir sehr viel in der Sonne und die 2 Liter Wasser, die wir in der Früh mitgenommen haben, gehen langsam zur Neige. Seit dem Karerpass gab es keinen einzigen Bach oder keine Quelle und die vielen Steine und Felsen reflektieren unbarmherzig die Hitze der Sonne. Zum Glück haben wir permanent unser Ziel vor Augen, welches wir nach einem letzten Anstieg mit leichter Kletterei um 15:30 Uhr auch erreichen. Beim Blick von der Terrasse der Hütte hinab auf die gegenüberliegende Seite sehen wir auch Susanne und Gerhard,
die sich gerade den Berg hochkämpfen und nur 10-15 Minuten nach uns eintreffen. Die Hütte wurde 2017 renoviert und erweitert und bietet unerwarteten Luxus. Es gibt Dusche (5 EUR) und WC-Spülung und unser 5-Personenzimmer ist riesengroß, modern eingerichtet und die Betten haben Super-Matratzen.
Da wir heute nur zu viert sind, gesellt sich noch Manfred aus Bremen zu uns, der heute ebenfalls von der Paolina-Hütte hierher kam. Kaum haben wir die Hütte erreicht, beginnt es zu regnen, später gehen sogar Gewitter mit Hagelschauer nieder, wie immer diese Woche haben wir Glück mit dem Wetter.
Beim Abendessen können wir theoretisch aus 3 Alternativen bei 3 Gängen wählen, schlussendlich bekommen wir dann aber das serviert, was gerade aus der Küche kommt. Das Team ist noch nicht ganz „eingespielt“ und die Herrin des Hauses schimpft lautstark auf italienisch mit Ihrer Crew. Ohne Schnaps geht es diesmal ins Bett und wir verbringen eine ruhige und kühle Nacht auf unserer letzten Berghütte.