Die erste Nacht auf einem Einzelschlafsofa (Erika und Susanne haben sich ein Doppelbett geteilt) verlief sehr ruhig, obwohl es immer wieder geregnet hat. Auch beim Aufwachen begrüßt uns ein Regenguss, kurz danach scheint aber wieder die Sonne. Zum Frühstück gibt es den gestern gebackenen Kuchen sowie sonst allerlei süße Sachen. Mein Sonderwunsch nach einer heißen Schokolade wird erfüllt, jedoch stellt sich dies als eine Art extrem süßer Schokopudding heraus, wie ich ihn schon mal in Mallorca erhalten habe. Als wir uns nach dem Frühstück mit den anderen treffen beginnt es gerade wieder zur regnen.
Wir starten also unseren ersten Tag in kompletter Regenmontur und laufen zu Beginn den gleichen Weg wie gestern zum Strand von Vietri im strömenden Regen. Trotz Blick auf die Karte finde ich den Weg vom Meer bergauf Richtung Raito nicht sofort, sondern benötige die Hilfe des GPS, um den in einem Hauseingang versteckten Wegeingang zu finden.
Der Regen hat mittlerweile wieder aufgehört und der bewölkte Himmel ist recht angenehm, da es nun knapp 300 Hm über enge Wege und Stiegen bergauf geht. Die Wegfindung ist weiterhin nicht leicht, aber mehr als einen kleinen Umweg müssen wir nicht machen. Wir durchqueren das Örtchen Raita und halten uns weiter bergauf entlang einer langen Mauer, mittlerweile schon auf einem „richtigen“ Wanderweg.
Nach einer Stunde erreichen wir das Örtchen Albori, welches am Ende einer Sackgasse liegt. Ab hier startet der Wanderweg zum Santuario del Avvocata, der zuerst noch dem Berg entlang recht flach dahingeht. Am Weg liegen hie und da einige vom Baum geschüttelte Exemplare von Amalfi-Zitronen, die von der Größe her näher bei Grapefruits liegen. Ich schäle und esse eine, sie ist zwar genießbar, aber saurer als ich andere frische Zitronen aus dem Mittelmeerraum in Erinnerung habe.
Als wir eine kleine Einkerbung im Berg mit einer Quelle erreichen, wendet sich der Weg um 90 Grad und wir gehen nun knapp 300 Hm durch dichte Vegetation steil bergauf. Dabei zerstreut sich das Feld ein wenig, doch im großen und ganzen ist es immer klar, wie der Weg weitergeht. Auf knapp 600 Metern Höhe machen wir eine kleine Rast, wir kratzen bereits an den Wolken, die heute sehr tief ziehen. Silvia, Hannes und Uyangaa brechen als erste auf, jedoch in die komplett falsche Richtung, was mir erst auffällt, als ich mit dem Rest der Gruppe den Weg fortsetzen möchte.
Also laufe ich den dreien kurz nach und führe sie auf den richtigen Weg zurück, wie es sich für einen guten Wanderführer gehört. Nun geht es schön auf einem Grat entlang (leider ohne Aussicht aufgrund der Bewölkung) zur Capella Vecchia, wo wir um die Mittagszeit ankommen.
Da der höchste Punkt des heutigen Tages noch nicht erreicht ist, setzen wir den Weg nach einer kurzen Snackpause aber gleich fort, es geht weiter mäßig aufsteigend auf einem Grat entlang und hie und da gewähren uns die auflockernden Wolken einen Blick hinunter zum Meer. Ca. um eins erreichen wir das Santuario del Avvocata, das Kloster, welches hoch über der Amalfiküste thront und einmal im Jahr Ziel 1000er Pilger ist. Heute ist es menschenleer und wir haben eine ruhige Mittagspause.
Von hier aus hätte man einen großartigen Rundumblick, doch leider ziehen die Wolken nach wie vor dicht über uns drüber. Als wir aufbrechen, erreichen gerade zwei weitere Wanderer das Kloster, die ebenfalls aus Österreich stammen und die Amalfiküste nach Sorrent wandern möchten. Direkt nach dem Kloster geht es sehr steil bergab, wir passieren eine beeindruckende Felswand gleich unterhalb des Klosters.
Als wir wieder unterhalb der Wolkendecke sind und ausreichend Sicht haben, sehen wir, wie über dem Meer sehr dunkle Wolken hängen und in der Ferne ist ein Donnergrollen zu vernehmen. So versuchen wir, ohne längere Pausen rasch bergab zu kommen, der steile Weg lässt aber gerade bei den etwas angeschlagenen Mitwanderinnen Susanne und Uyanga kein hohes Tempo zu. Wir passieren zwei verfallene Steinhäuser und der Weg wird von einer alten Steinrinne begleitet, die mittlerweile durch einen schwarzen Schlauch ersetzt wurde.
Vermutlich diente diese zur Leitung des Quellwassers aus den Bergen zu den Oliven- und Zitronenplantage weiter talwärts. Als wir die ersten Häuser von Maiori erreichen, beginnen die ersten Tropfen vom Himmel zu fallen. Wir legen alle wieder das Regengewand an, bevor es stark zu stürmen und zu schütten beginnt. Zum Glück verläuft der Weg die letzten 200Hm im Windschatten einer Mauer über Stufen, sodass es uns nicht so schlimm erwischt. Trotzdem sind wir alle froh, als wir Maiori erreichen und wäre nicht ein Autofahrer neben mir durch eine Riesenlacke gefahren, wäre meine Hose fast trocken geblieben. Wir stürmen das erste Lokal, welches groß genug für 13 Personen ist, eine Bar direkt an Maioris Küstenstrasse. Dort trinken wir Kaffee oder Fruchtsäfte (oder Grappa) während unsere Kleider und Rucksäcke ein wenig abtropfen.
Das Gewitter zieht rasch vorüber und bald kommt wieder die Sonne heraus und mit ihr kommt auch wieder Leben in das Küstenstädtchen. Wir verlassen die Bar und gehen direkt über die Küstenstraße zum Nachbarort Minori, wobei Uyangaa spontan den gerade vorbeifahrenden Bus nimmt. Einen Supermarkt in Maiori nutzen einige von uns noch, um das italienische Sortiment zu überprüfen und Chips oder andere Goodies für unterwegs zu kaufen. Eine halbe Stunde später sind wir in Minori, wo unsere Unterkunft Palazzo Vinigus schon gut vom Strand aus zu sehen ist.
Etwas schwieriger ist es, den richtigen Zugang zu finden – dieser befindet sich links von einer Pizzeria über viele Stufen und einigen Hauseingängen vorbei und ca. 30 Höhenmeter vom Strand hinauf. Wir werden schon erwartet, immerhin haben wir sechs der acht Zimmer für uns reserviert. Ich teile mir das Zimmer wieder mit Erika und Susanne und wir haben einen kleinen Balkon unmittelbar über dem Meer auf dem ich meine Schuhe zum Trocknen rausstelle. Beim Abendessen „fallen“ wir gleich in die Pizzeria beim Zugang zu unserer Unterkunft, wo es Pizzas aber nur zu Mittag gibt.
Der Chef weist auf seine große Auswahl bei Fischgerichten hin und ist dann sichtlich enttäuscht, als dann fast keiner etwas davon bestellt. Das Essen schmeckt trotzdem allen gut und wir versöhnen uns dann mit ein paar Nachspeisen die sehr gut uns reichlich sind.